Entweder geliebt oder gehasst! Wie kaum ein anderes Musikgenre polarisiert der Black Metal.
Es kursieren Vorurteile, wie: Schwarzmetaller seien ausschließlich kriminell, patriotisch, misanthropisch, sexistisch, rassistisch, satanistisch, gewaltverherrlichend und schwer depressiv. Die Assoziationen reichen von Nazionalsozialismus über Mord bis hin zu ständigen Lyrics, wie „Holy war, execution of sodomy“ oder „And then we rape the nuns with desire“ (Posessed by Satan - Gorgoroth) und makabren Opferungsritualen auf der Bühne. Zugegeben, das Genre wirkt zuerst einmal abschreckend.
ABER der Black Metal, welcher Ende der 1980er Jahre in Norwegen entstand, war nur eine Weiterentwicklung des Heavy Metals. Schon im Heavy Metal war jegliche Provokation willkommen, um gegen gesellschaftliche Normen und Tabus zu rebellieren. Black Sabbath und auch Led Zeppelin etc. gehören zu den Einflüssen. Diese Bands sind heutzutage Rock-Mainstream. Black Metal brachte die Provokations-/Außenseiter-Rolle des Punks und des Heavy Metals nur durch satanistische und noch gewalttätigere Attitüde auf die Spitze. Also ich warne nur vor der vorschnellen, generellen Verurteilung des Black Metal-Genres! Auch Heavy Metal-Texte sind oft sehr kritisch zu betrachten. Vor Allem in Skandinavien, aber auch weltweit, gibt es großartige, unterschiedliche Black Metal-Bands, -Festivals und Fans jeglichen Geschlechts.
Ich persönlich bin Black Metal Fan, weil ich das Drama, die Heavyness, das Animalische, die ekligen Performance-Kunst-Aspekte und die Ritual-Atmosphäre der Musik als befriedigend-kompromisslos empfinde. Radikal, wie das Bild Das schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch. „Guter“ Black Metal ist ein akustisch-visuelles Statement! Er kann einen in eine Art „Trance-Zustand“ versetzen, der keineswegs negativ ist. „Panzerfaust“ von Darkthrone oder „Engram“ von Beherit eignen sich hervorragend zum atmosphärischen Abdriften.
Im Folgenden werde ich genauer erklären, was ich so positiv am Black Metal finde.
Erstens ist die Geschichte des Black Metals, die einer erfrischenden Rebellion im konservativen, ruhigen Norwegen. Der Professor Asbjørn Dyrendal erklärte in einem Interview in der Dokumentation „METAL. A HEADBANGER’S JOURNEY“, dass in Norwegen ein starker Konformitätsdruck herrsche und es Druck gebe sich anzupassen. Dies beginne mit der Sozialisation im Kindergarten. Ein Anderer meint, dass es in Norwegen eine Art Gruppenzwang gebe der allgemeinen Moral zu folgen, anstatt eine Eigene zu entwickeln. Er zeigt auf, dass „Black Metal möglicherweise die ultimative moralische Form von Anarchismus“ sei. Norwegens Geschichte, Kultur und Gesellschaft würden Wert darauflegen, dass nur gute Gedanken und Taten entstehen. Die Black Metal Szene möchte bewusst böse sein. Sie würde laut Professor Per Solvang die sozialdemokratische Ideologie Norwegens mit ihrer Ultra-Individualistischen herausfordern. Im Buch Lords of Chaos wird angerissen, dass die Bedeutung der norwegischen Kirche in den 90er Jahren abnahm und eine religiöse Leere entstand. Auch gebe es speziell in den Lappen-Gebieten ultra-konservative Religionsgemeinden, die Horrorfilme etc. verbieten würden. Aber Norwegen habe eben kulturell eine heidnische Tradition, reich an Hexen und Geister-Mythen. Black Metal entstand vermutlich ganz natürlich als Protest-Reaktion auf das scheinheilige „Gut-Sein“ einer christlichen Gesellschaft, die einfach die Wikinger-Kultur zerstört hatte.
Darüber hinaus kann Black Metal eine mutmachende, anarchische Katharsis bei Menschen, die sich in der Gesellschaft nicht verstanden fühlen , erzielen. Die Radikalität, die Kompromisslosigkeit und Extremität der Lieder macht sie zu einer Art „Anti-Sound“. Extra verzerrter, schlecht produzierter „Lärm?“ mit ekligen Vocals und Texten über Satan, Hass, Krieg, Tod, Zerstörung und Suizid.
Satanistisch ist geschichtlich gesehen alles, was nicht zu dem vorherrschenden Verständnis von Normalität zählt. Der hebräische Begriff Satan bedeutet Ankläger oder Widersacher und kommt bereits im Alten Testament vor. Es wird Angst geschürt, um selbst keine mehr zu haben. Ein Protest gegen die Welt. Ein sich selbst befreien, radikalst ausdrücken! Satan versinnbildlicht eine Art Selbstverwirklichung und sogar Selbstliebe, wenn man so will. Nergal von Behemoth meinte in einem Interview mit Metallspritzgenuss im Mai 2025, Satan sei in seiner DNA. Es sei eine lose, auch humorvolle Kunstform, ein Archetyp, mit dem er sich assoziiere. Er sei vor der Bandgründung Katholik gewesen. Behemoth sei sein Statement, um zu sagen, dass er den Glauben verloren habe und nun wirklich ausdrücke, was ihn beschäftige. Denn sind wir nicht alle unperfekte Sünder? Im Black Metal kann man sich künstlerisch frei ausleben, auch in seinen tiefsten Abgründen. Satan bedeutete für Ghaal von Gorgoroth und Teloch von Mahyem einfach Freiheit.
Zuletzt möchte ich anführen, dass Black Metal durch seine heidnische, naturverbundene Tradition eine sehr spirituelle Dimension hat. Das Genre ist antikapitalistisch, antikommerziell und an keinerlei Trends gebunden. Viele Black-Metaller machen die Musik wirklich nur für sich selbst, als eine Art Ritual. Viele Songs handeln von der Natur und imitieren beispielsweise Sturm oder Wald-Stimmungen. Echter Black Metal ist niemals „Party-Metal“. Die Atmosphäre des Genres hat etwas zutiefst Geerdetes, Zeitloses und Okkult-Magisches. Ghaal von Gorgoroth sieht sich beispielsweise als Schamane. Und die Mitglieder von Witch Club Satan identifizieren sich als Hexen. Es geht um Leben und Tod. Die Themen sind neben der – oder auch genau in ihrer Provokation sehr philosophisch.
Mit Sicherheit gibt es viele sehr kritisch zu sehende Aspekte in der Black Metal Szene. Aber ich will hiermit ermutigen, sich davon nicht gleich abschrecken zu lassen, sondern einen eigenen Zugang dazu zu finden. Black Metal kann eine ungeheuer reinigende, mystische Energie haben! Inzwischen gibt es auch immer mehr weibliche Bands in der Szene, wie Witch Club Satan oder Asagraum. Es geht darum, was man individuell mit der Musik ausdrücken, fühlen oder kanalisieren will! Das radikale Anti-Statement und die Provokation öffnet etwas in der Musik, in der Kunst. Der Gegenpol des „Bösen“, des Exzesses stellt eine Balance und Harmonie in der Welt her. Satan als Befreiendes Konzept von einengenden Konventionen fördert …Liebe!
Black Metal-Playlist:
Dazu Lesen:
Foschum, Cornelia: Skandinavischer Black Metal. Geschichte, Thematik, Symbolik und Ästhetik zwischen Satanismus und (Neu)Heidentum. Graz, 2013.


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